Jacques Handschins konzept von musikwissenschaft
Die charakteristische Visualisierung dieser phanomenalen Qualitaten des Hor- baren besteht in den Produkten selbst. Die Selbigkeit der Tone im Oktavabstand von Guido durch die Entsprechung der umgebenden Tonrelationen begrundet wird, und nicht etwa durch.
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Äàòà äîáàâëåíèÿ | 24.02.2024 |
Ðàçìåð ôàéëà | 26,3 K |
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Jacques Handschins konzept von musikwissenschaft
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Maier Franz Michael
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Ó Keywords: principles of historiography 'Geisteshistorie' (German school of historiography), principles of music theory Berlin school of music psychology, music and the arts.
Der St. Petersburger Professor fur Orgel, Jacques Handschin, hat, nachdem er 1921 aus Grunden der Not und aufgrund der Krankheit eines seiner Kinder So- wjetruBland verlassen hatte, noch lange Jahre davon getraumt, wieder nach St. Petersburg zuruckzukehren. Dieser Wunsch hat sich nicht erfullt. Es war deshalb eine schone Geste und verdienstvolle Tat von Jeanna Kniazeva, in St. Petersburg einen KongreB uber Handschin zu organisieren. Es lohnt sich, uber Handschins Konzept von Musikwissenschaft nachzudenken.
Handschin hat sowohl zur Musikgeschichtsschreibung als auch zur Theorie der Musik wichtige Beitrage erarbeitet. Seine Maximen zur Musikgeschichtsschreibung sind in seiner Musikgeschichte im Uberblick von 1948 entfaltet: ausgehend von einer Kritik der sogenannten Geisteshistorie diskutiert Handschin histori- ographische Konzepte wie Fortschritt, Gleichzeitigkeit und Rivalitat von Tra- ditionslinien, wie Epochencharakteristiken und Epochenschwellen; unverwech- selbar ist dabei seine Stellungnahme zu der beruhmten Frage nach dem Anfang der Musik. Fur Handschin handelt es sich bei der Musik nicht um die jhngste der Kunste, und bei der Musikwissenschaft nicht um ein akademisches Fach des 19. Jahrhunderts. Handschin laBt die europaische Musikgeschichte mit dem Ho- merischen „Hymnus in Mercurium“ beginnen, also mit der Erzahlung uber den Gott Hermes, der, kaum geboren, die Lyra erfindet. Handschin zeigt durch das Ansetzen bei diesem Grundungsmythos, daB er Musik nicht nur, wie viele Histo- riker, als Auffuhrungs- und Kompositionsgeschichte versteht, und nicht nur, wie manche Ethnologen, als ein Sozialverhalten. Durch ihren eminenten Ursprung als Erfindung eines olympischen Gottes setzt sich die Musik von den empirisch vorfindlichen Lauten der Welt ebenso ab wie von den nach Naturgegenstanden geformten Instrumenten der Menschen. Mit solchen Gedanken folgt Handschin der Bestimmung des Klaudios Ptolemaios aus dem ersten Kapitel seiner Harmo- nik, daB die tiefen Tone nichts mit dem Brullen der Rinder, und die hohen Tone nichts mit dem Heulen der Wolfe gemein haben. Handschin folgt damit auch einer Beobachtung von Carl Stumpf: „Die Chiriqui-Indianer besitzen thonerne Floten, welche die Gestalt eines vierfuBigen Thieres und ihre Locher am Kopfe, Bauche und Schwanze desselben haben, und doch ein wohlgefugtes Tetrachord efga ge- ben, weil den Erfindern eben diese Tonreihe als Ziel vorschwebte." Carl Stumpf, Tonpsychologie, Leipzig 1883, 1. Band, S. 174.
Sehr zurUckhaltend zeigt sich Handschin gegenuber der Betrachtung des „Fortschritts" als asthetischer Kategorie, gegenuber der Lehre von der Einstrah- nigkeit des Entwicklungsganges und gegenuber der Zwangslaufigkeit der in ihm sich realisierenden asthetischen Entwicklungen. Ihnen gegenuber tritt er fur ei- ne individuelle Betrachtung von einzelnen Kunstwerken, Gattungen und Tradi- tionen ein. Statt „Entwicklungsstufen" zu diagnostizieren und Werturteile auszu- sprechen, solle man zumindest die Moglichkeit bedenken, daB musikalische Tra- ditionen sich voneinander schlicht durch „Geschmacksunterschiede" absetzten. Handschin, darin ein Vertreter der von Gustav Theodor Fechner so genannten „Asthetik von unten“, hat diese Maximen fur sich in einer Vielzahl musikhistori- scher Darstellungen gewonnen. Als markante Beispiele seien fur das 20. Jahrhun- dert die Monographien uber Strawinski, Mussorgski und Saint-Saeins genannt, fur das 18. Jahrhundert die Aufsatze uber Johann Sebastian Bach, fur das Mit- telalter der Aufsatz uber Johannes Scotus Eriugena, und fur die Spatantike die Abhandlung Das Zeremonienwerk des Kaisers Konstantin und die sangbare Dich- tung. Der von Jeanna Kniazeva herausgegebene Band mit St. Petersburger Pub- likationen Handschins zeigt in Konzertberichten und Kritiken auch die feuille- tonistische Vielseitigkeit des Autors. Der Band demonstriert damit Handschins BewuBtsein von den verschiedenen Ebenen eines Diskurses.
Das systematische Werk Der Toncharakter. EineEinfuhrungin die Tonpsycholo- gie (1948) diskutiert die Frage nach den Elementen der Musik, den sogenannten Tonen. Handschin zufolge beschreiben die Akustik und die Phanomenologie des Horens diese Elemente nicht vollstandig. Die Akustik hat ihren Forschungsge- genstand in der Beschreibung des Einschwingverhaltens und des Schwingungs- verlaufs klingender Gegenstande -- seit Vitruv verhilft sie Architekten dazu, unerwunschte Resonanzen in Konzertarenen zu vermeiden und, zur Klangver- starkung, erwunschte Resonanzen herzustellen und durch SchallgefaBe zu ver- starken. Die fur die Gegenwart charakteristische Visualisierung solcher akusti- scher Sachverhalte ist die Schwingungskurve auf dem Monitor eines Oszilloskops. Die Phanomenologie der Klange und Sounds hat ihren Forschungsgegenstand in den Gerauschen, ihrer Klassifikation und Veredelung; sie verhilft der Industrie dazu, dem SchlieBgerausch einer Autotur klangliche Soliditat zu verleihen, und die Ansage einer Computerstimme mit Bedeutsamkeit anzureichern, wie etwa in den bekannten Abschiedsworten von HAL9000:
Die charakteristische Visualisierung dieser phanomenalen Qualitaten des Hor- baren besteht in den Produkten selbst.
Die Musik schlieBlich hat ihren Forschungsgegenstand in den Unterschieden zwischen den hohen und den tiefen Tonen. Aus der Beobachtung, daB sich diese Unterschiede einerseits exakt formulieren und in wohlgeformte Strukturen orga- nisieren lassen, daB sich die resultierenden Figuren andererseits nicht restlos in- einander fugen, ergibt es sich, daB dem musikalischen Blick auf das Horbare, anders als dem akustischen und dem phanomenologischen Blick, eine wesentliche UnabschlieBbarkeit der Perspektive eigen ist. Um ihren Sinn zu erhellen, kehren wir noch einmal zu der erwahnten Begegnung des Hermes und der Schildkrote zuruck. Handschin entnimmt ihr „die Anschauung des Altertums“ uber den An- fang der Musik:
Demnach hatte die Musik von jeher bestanden, als Teil des Weltenplans: dies ware die Musik als metaphysische Substanz, die Musik im Inneren der Welt, gewis- senmaBen die Weltseele. Die irdische Musik aber ware in dem Augenblick ent- deckt worden, wo ein mythischer Mensch oder Halbgott mit dem FuB an die aus- getrockneten Uberreste einer Schildkrote stieB, in denen sich eine Sehne uber den Schild spannte; im Grunde aber sei diese Musik nur eine Nachahmung der himmli- chen, an die sich der Mensch unbewuBt erinnert fuhle, wenn er die irdische hore. www.youtube.com/watch?v=ARJ8cAGm6JE, ab 2:25. Handschin, Musikgeschichte im Uberblick (1948), Wilhelmshaven 31981, S. 30.
Es ist klar, daB nur ein unabgeschlossenes Abbild Anspruch auf irgendeine Ab- bildschaft hinsichtlich des Universums machen kann. -- Der pragmatische Kern der von ihm frei referierten mythischen Erzahlung besteht fur Handschin in der Einsetzung des feststehenden Tons als des musikalischen Elements. Handschin erblickt in dem von Hermes konstruierten Musikinstrument zugleich das erste Monochord. Auf Hermes geht damit auch das Instrument zur Untersuchung der musikalischen Sachverhalte zuruck.
Die charakteristische Visualisierung dieser Sachverhalte, der musikalischen Tonfolgen und Melodien, ist die Notenschrift. Um den musikalischen Ton von der- jenigen Seite zu beschreiben, welche er als Element solcher Tonfolgen und Melodien, als in einer musikalischen Auffassung besitzt, wahlt Handschin den Begriff „Toncharakter“. Auch wenn Handschin 1948 mit diesem Ausdruck einen Terminus aufgreift, der ihm bei Hermann Lotze und bei v. Hornbostel begegnet war -- der Ausdruck war bereits in jener Zeit spezialistisch. Weder hat er sich inzwischen eingeburgert, noch kann, selbst unter Musikern, von einem BewuBtsein des bezeichneten Sachverhalts die Rede sein. Von heute (2020) aus gesehen, handelt es sich um einen Neologismus. Seine Bedeutung soll im folgenden schrittweise dargelegt werden.
Ein Charakter ist eine zentral kennzeichnende Eigenschaft; ein Charakter ist aber auch ein Zeichen. Um die erstgenannte Bedeutung zum Zweck der Erlaute- rung mit gelaufigeren Vorstellungen in Verbindung zu bringen, konnte man von einer verallgemeinernden Reformulierung der Hugo Riemannschen „Tonvorstel- lungen“ sprechen. Handschin zielt auf das allgemeine Prinzip, welches Riemann in einer speziellen Ausformung darstellt. Nach Riemann ist jeder Ton Vertreter einer Dreiklangsposition und jeder Dreiklang Vertreter einer harmonischen Funk- tion; dadurch wird dem Ton gegenuber der Tonhohe eine zusatzliche Eigenschaft zugefuhrt. Dargestellt wird eine solche Eigenschaft durch die von ihr begrundete Veranderungsreihe. Ein Ton kann sich vom Tonikagrundton zum Subdominant- quintton oder vom Tonikaquintton zum Dominantgrundton verandern, wobei die Tonhohe gleichbleibt. Diese Variabilitat ist nicht gleichbedeutend mit den gelaufigen Anderungen der harmonischen Funktion, sondern geht uber sie hin- aus; so ist etwa die Veranderung von C als Grundton von C-Dur zu C als Terzton von As-Dur eine eindrucksvolle musikalische Bewegung ohne klare Funktions- bedeutung im Sinn der Riemannschen Funktionen. Vgl. das Notenbeispiel aus einer „von einem Schuler von Max Reger komponierten Choralbearbeitung“ in: Handschin, Der Toncharakter. Eine Einfukrung in die Tonpsychologie, Zurich 1948, S. 290 (Zitat ebd., S. 289): As als Terzton von f Moll wird zu as als Grundton von as Moll, wird zu as als Terzton von fes Dur. Es durfte sich um eine Komposition aus Handschins eigener Feder handeln. Die Beobachtung, daB der Ton durch seinen harmonischen Kontext eine bestimmte Farbung annimmt, wird von Handschin dahingehend verallgemeinert, daB jeder Ton Uberhaupt nur als Bestandteil einer Mehrzahl von Tonen musikalische Bestimmtheit gewinnt. Wie sonst sollte er sie gewinnen? -- die musikalische Notation ist in keiner Weise ei- ne Schopfung von Absoluthorern.
Um nun zu der zweiten Bedeutung des Ausdrucks „Toncharakter“ weiterzu- gehen: Handschin weist darauf hin, daB Guido von Arezzo, dieser Leuchtturm in der Geschichte der musikalischen Notation, im funften Kapitel seines Microlo- gus auf die qualitative Identitat von Tonen im Oktavabstand hinweist, von wel- cher Identitat es herruhre, daB der erste und der achte Ton mit dem selben Zei- chen oder Charakter signifiziert werde:
Nam sicut finitis septem diebus eosdem repetimus, ut semper primum et octavum eundem diem dicamus, ita primas et octavas semper voces eodem charactere figu- ramus et dicimus, quia eas naturali concordia consonare sentimus, ut D. et d. Ut- raque enim tono et semitonio, et duobus tonis remittitur, et item tono et semito- nio et duobus tonis intenditur.
Denn ebenso wie wir nach Ablauf von sieben Tagen diese selben wiederholen, so dab wir immer den ersten und den achten als denselben Tag ansprechen, so schreiben wir den ersten und den achten Ton mit demselben Zeichen und benennen ihn mit demselben Ausdruck, da wir diese Tone in naturlicher Ubereinstimmung zusam- menzuklingen empfinden, so wie es bei D und d der Fall ist. Von jedem dieser beiden Tone sinkt die Stimme namlich um einen Ganzton, einen Halbton und zwei Ganz- tone, und steigt die Stimme um einen Ganzton, einen Halbton und zwei Ganztone.1
Es ist sehr bemerkenswert, dab die Selbigkeit der Tone im Oktavabstand von Guido durch die Entsprechung der umgebenden Tonrelationen begrundet wird, und nicht etwa durch eine Gleichheit des Wesens der Tone per se. Vor diesem Hin- tergrund konnen wir Handschins Buch uber den Toncharakter als einen Kom- mentar zu Guido von Arezzo auffassen. Mit Blick auf Guido leuchtet der Ausdruck „Toncharakter“ vollstandig ein: Ein Toncharakter ist ein Zeichen fur einen Ton als musikalische Realitat, d.h. als Bestandteil einer Melodie oder eines mu- sikalischen Zusammenhangs, nicht als akustisches „Ping“.
Handschins beide Bucher haben eine gemeinsame Vorgeschichte. Jeanna Kniazeva hat uber die Plane des jungen Handschin berichtet, bei Karl Krumbacher in Munchen zu promovieren, welche Plane nicht fortgesetzt wurden, als Handschin sich entschied, bei Max Reger Orgel zu studieren. Guido von Arezzo, Micrologus, caput V, De diapason. Et cur tantum septem sint notae, zit. nach: Thesaurus Musicarum Latinarum, www.chmtl.indiana.edu/tml/9th-11th/guimic_text.html. --Ubersetzung: FMM. Handschins Hinweis auf die Stelle bei Guido findet sich am Ende seiner Rezension von: Geza Revesz, Einfuhrung in die Musikpsychologie, in: Acta musicologica XX, 1948, S. 75. Vgl. Jeanna Kniazeva, „Jacques Handschin auf der Suche nach seiner Wissenschaft. Briefe an Karl Krumbacher“, in: Russische Musik in Westeuropa bis 1917: Ideen, Funktionen, Transfers, hg. von Inga Mai Groote und Stefan Keym, Munchen 2018, S. 160--172. Als Schuler von Reger war Handschin in Leipzig Augenzeuge, ja, wie das in Anm. 4 zitierte Notenbei- spiel zeigt, Teilnehmer einer kompositionsgeschichtlichen Situation, in der Kom- ponisten, mude des Dur, Moglichkeiten vor Augen stellten, faszinierende Musik mit hochkomplexen tonalen Bezugen oder (was im Grenzwert dasselbe ist) un- ter Verzicht auf solche Bezuge zu komponieren. Theoretiker trugen dieser Situation Rechnung, indem sie die musikalischen Tone auf ihre physikalischen und empfindungshaften Eigenschaften reduzierten und andererseits die resultieren- de Klangfarbenkunst mit subjektiven Erlebnisqualitaten anreicherten. Die Frage, ob die Dur-Tonalitat mit der Tonalitat schlechthin gleichzusetzen sei, war damit fur Handschin ebenso tagesaktuell wie die Frage nach dem gegenwartigen Stei- gen oder Fallen einer musikgeschichtlichen Situation, der Hugo Riemann soeben den „Vollbesitz ihrer Kunstmittel“ attestiert hatte. Die Begegnung mit dem Ma- thematiker Valentin Kowalenkow im nachrevolutionaren St. Petersburg verhalf Handschin dazu, historische und physikalische Betrachtungsweisen auf einen komplexen Gegenstand wie die Musik deutlich voneinander zu unterscheiden. Akustischen Sachverhalten wie der berechenbaren Uberlegenheit der 53-stufi- gen Oktavteilung gegenuber der 41-stufigen lassen sich keine musikhistorischen Handlungsanweisungen entnehmen, wahrend historische Vorgange, etwa Revolu- tionen, nur in einem hochst metaphorischen Sinn gesetzmaBig ablaufen.1 Die Son- nenfinsternis vom 21. August 1914 lieB sich vorausberechnen; das Scheitern der Beobachtungsreise des Berliner Physikers Erwin Freundlich nach RuBland lieB sich nicht voraussehen. Vgl. Handschin, „Akustisches aus RuBland“ (1925), in: Gedenkschrift Jacques Handschin, hg. von Hans Oesch, Bern 1957, S. 252. -- In diesem Aufsatz muB es in Zeile 10 von unten auf Seite 257 statt c_0_f_0_g_0_c` richtig c_0_f_g_a_0_c` heiBen; der Irrtum wurde aus dem Originaldruck ubernommen (vgl. Handschin, Rez. von: Ariel, Das Relativitatsprinzip der musikalischen Harmonie (1925) in: ders., Uber reine Harmonie und temperierte Tonleitern. Ausgewahlte Schriften, hg. von Michael Maier, Schliengen 2000, S. 291, Anm. 1. Vgl. „Die deutschen Sonnenfinsternis-Expeditionen nach RuBland“, in: Astronomische Nachrichten 199, 1914, Spalten 363--365. Selbst Resonanzen zwischen Planetenbahnen lassen sich berechnen; der Untergangs des Abendlandes laBt sich nur beschworen.
Um seine Interessen als Historiker und als Systematiker der Musik mit der zeitgenossischen Forschung zu koordinieren, suchte Handschin nach seiner Uber- siedelung nach Basel den Kontakt zu der Berliner Schule der Tonpsychologie. Da- bei ist vor allem an Erich Moritz von Hornbostel, den promovierten Chemiker, zu erinnern, der ebenso als Erforscher der Raumeigenschaften des Horbaren und der Schallokalisation hervortrat wie als Musikethnologe. Die Diskussionen zwischen Handschin und Hornbostel zielten auf die Bestimmung der Grundbegriffe der Musik, und dabei vor allem um den musikalischen Ton und seine Auffassung. Beide bezogen den Ausdruck „Toncharakter“ von Hermann Lotze. Hinsichtlich dieser Filiation gibt es noch manches zu erforschen; eine genauere Einsicht in Handschins Kenntnis der Schriften Lotzes ware aufschluBreich. Einstweilen ha- ben wir keine Hinweise darauf, daB Lotzes Lehre, „das Sein eines Dinges sei nur ein Inbeziehungstehen“ fur Handschins Konzept der musikalischen Qualitat des Tons bedeutsam wurde, die doch eine genuine Relationsqualitat darstellt. Vgl. C. Stumpf, „Zum Gedachtnis Lotzes“, Kantstudien XXII, 1917, S. 16 und S. 20. Viel- leicht konnte unter Bezugnahme auf den Metaphysiker Lotze erlautert werden, warum Handschin im Toncharakter eine Gegebenheit erblickt, die durch die in ihr dokumentierte Nahe zwischen Subjekt und Objekt weit uber den musiktheo- retischen Sachverhalt hinausgeht, von welchem Guido handelt. Lotze hatte diese Nahe zu den klingenden Dingen in seinen Asthetikvorlesungen als Besonderheit des Horens hervorgehoben. Es liest sich wie eine Erlauterung der von Fechner so genannten „Tagesansicht“ der Welt, wenn Handschin davon spricht, „daB unsere innere und die auBere Welt in geheimnisvoller Weise aufeinander abgestimmt sind, daB wir nicht irgendwie in zufalliger Weise als empfindende und denkende Subjekte in die Welt des Objektiven hineingerieten und ihr zusammenhanglos gegenuberstehen."1 Lotze hat Fechners Die Tagesansichtgegenuber der Nachtan- sicht (Leipzig 1879) noch im Erscheinungsjahr sehr zustimmend rezensiert, und Stumpf hat 1917 diese Rezension ohne ein Wort der Kritik und ohne jeden An- flug von ironischer Uberhebung zum Grundtext seiner Erinnerungen an Lotze ge- macht. Handschin, Der Toncharakter, S. 118. Vgl. Lotze, „Alter und neuer Glaube, Tagesansicht und Nachtansicht" (1879), in: ders. Kleine Schriften, hg. von D. Peipers, Bd. 3, Leipzig, S. 396--437; vgl. Stumpf, „Zum Gedachtnis Lotzes“ (wie Anm. 9), S. 18, 19, 21 und 24. Einstweilen ist mit diesen Bemerkungen vielleicht zumindest die Offen- heit erlautert, mit der ein Mitglied der Berliner Schule der Tonpsychologie wie der Chemiker Hornbostel auf Handschin zuzugehen vermochte.
Handschins Interpretation des Hermesmythos bekommt ihren eigentlichen Sinn, wenn man sie als Gegenerzahlung zu der Auffassung von Handschins Freund und Antipoden, Erich Moritz von Hornbostel, begreift. Hornbostel, seinerseits am Uralten, etwa der Indus Valley Culture, interessiert, erblickt in der Noten- schrift ein Ubel, das die freie Spontaneitat des musikalisch-kunstlerischen Ge- barens beschneidet. Fur Hornbostel ist die Notenschrift im besten Fall ein Ma- len nach Klangen, das in geschwungenen Linienzugen die „raumliche Melodiege- stalt“ sichtbar macht. Vgl. Erich Moritz v. Hornbostel, „Melodie und Skala“ (1912), in: ders. Tonart und Ethos. Aufsatze, hg. von Christian Kaden und Erich Stockmann, Leipzig 1986, S. 63. Handschins Kritik an solcher ,Einfuhlung` in historische Gegenstande laBt sich seinem Aufsatz „Gedanken uber moderne Wissenschaft" von 1928 entnehmen. Vgl. Gedenkschrift J. Handschin, a.a.O. (wie Anm. 7), S. 51--59; vgl. Uber reine Harmonie und temperierte Tonleitern, a.a.O. (ebenfalls wie Anm. 7), S. 251--256. In beiden Sammlungen ist an einer Stelle statt sinnwidrig „der leitende Teil“ richtig „der leidende Teil“ zu lesen (vgl. Oesch,
S. 55; Maier, S. 253). Als Kritiker der Geisteshistorie hat Handschin sich gegen das Konstruieren von Epochen und historischen Verlaufen ausgesprochen. In die- sem Sinn hat er zumal gegen die sogenannte Gemeinschaftsmusik argumentiert, also gegen jene theoretische Aufwertung des musikalischen Dilettantismus seiner Gegenwart, die Heinrich Besseler unternahm, indem er das „UmgangsmaBi- ge Musizieren" erfand: In einem Chor mitzusingen, sollte plotzlich einen authen- tischeren Lebensvollzug bedeuten, als in ein Konzert zu gehen. Handschin, der Schuler Max Regers, der in St. Petersburg als Orgelvirtuose reussierte, verhielt sich reserviert gegenuber solchem Kollektivismus.
Das Buch Der Toncharakter. Eine Einfuhrung in die Tonpsychologie (1948) ist ein Nachruf. Gedacht wird einer Forschungslage, die durch die politischen Er- eignisse in Deutschland nach 1933 uber den Haufen geworfen wurde. Eigentlich hatte Handschin nur im Sinn gehabt, sich 1936 in bei der Tagung der Internati- onalen Musikgesellschaft in Barcelona mit Carl Stumpfs Begriff der „Tonquali- tat“ auseinanderzusetzen, und dann geplant, die Schriftform dieses Vortrags in der von Robert Lachmann herausgegebenen Zeitschrift fur Vergleichende Musik- wissenschaft erscheinen zu lassen. Aber die Berliner Schule der Tonpsychologie wurde durch die nationalsozialistische Rassenpolitik zerstort; die Existenz von Menschen wie Hornbostel und Lachmann wurde vernichtet. Handschins Aufsatz erschien 1943 in ungarischer Sprache in der Festschrift fur Zoltan Kodaly -- in- zwischen ist die deutschsprachige Vorlage dieses Textes in der Aufsatzsammlung Uber reine Harmonie und temperierte Tonleitern greifbar.
Im Blick auf Handschins Musikgeschichte im Uberblick sei abschlieBend ein As- pekt genannt, der moglicherweise bis heute einen gewissen „Streitwert“ besitzt. Handschin hat fur diejenige Epoche der Musikgeschichte, die bei manchen Mu- sikfreunden „Barock“ heiBt, eine andere Bezeichnung vorgeschlagen: „Zeitalter des konzertierenden Stils“. Bereits Hugo Riemann hatte vorgeschlagen, den aus der Kunstgeschichte stammenden Namen „Barock“ durch die Bezeichnung „Ge- neralbaBzeitalter“ zu ersetzen, und dadurch ein spezifisch musikalisches Merkmal zur Benennung heranzuziehen. Die Verwurzelung des Begriffs „Barockmusik“ im deutschen geisteswissenschaftlichen Konstruieren von Epochenmerkmalen geht besonders aus dem Aufsatz „Barockmusik“ von Curt Sachs hervor, der es sich zum Ziel macht, die innere Einheit einer Epoche zu erfassen, die die verschiedenen Kunste zusammenfasst. Es handelt sich um ein typisches Beispiel von Geistes- wissenschaft: Das Barocke in der Musik wird durch assoziierendes Identifizieren von Merkmalen aufgefunden, die durch Intuition aus der Musik entnommen sind.
Nun leben wir im Jahr 2020 in einer Zeit, in welcher der technische Fortschritt es notig macht, standig neue Namen fur technische Standards zu bilden: DVD, DVI, USB, PDF, XGA, HDMI. Solche Ausdrucke werden in den Sprachgebrauch eingefuhrt, gebraucht und nach Veralten vergessen: dieser operationelle Umgang mit Namen wirkt sich auch auf pseudo-lebensweltlich erstellte Namen wie Bluetooth, Bluray oder Retina Display aus. Nicht jedermann begruBt derlei nomi- nalistischen Sprachgebrauch. Aber die Klage etwa v. Hornbostels uber ein Ver- standnis von Worten, demzufolge „Laut und Sinn ohne jede innere Beziehung rein willkurlich aneinander geknupft“ seien, „etwa wie das Wort ,Ufa` eine Filmfabrik bezeichnet oder ,L` die Selbstinduktion“, diese Klage ist ebenso veraltet wie die gesellschaftskritische Analyse Herbert Marcuses, daB in Ausdrucken wie NATO „all cognitive value“ der Worte getilgt sei und die Worte auf die „recognition of an unquestionable fact“ reduziert seien. Herbert Marcuse, One-Dimensional Man. Studies in the ideology of advanced industrial society, London und New York, 21991, S. 98; vgl. ebd., S. 97. Nachdem wir nun einmal in einer Welt des sprachlichen Nominalismus leben und uns an HDR10 erfreuen, werden wir uns nicht dadurch beunruhigen lassen, daB irgendeine Musik „Barockmusik“ genannt wird. Durch den Differenzmarker BA wird ausgedruckt, daB es sich nicht um Rockmusik handelt, und darauf kommt es an.
Interessant ist nun, daB die hier vollzogene Abkehr von einem essentialisti- schen Sprachverstandnis sich nur auf die Namen bezieht, wahrend die mit sol- chem Essentialismus verbundene Idee der Vereinheitlichung durch Wesensver- wandtschaft weiterbesteht. Auch in der Gegenwart gehen viele Autoren von der sogenannten Gleichzeitigkeit der Kunste aus, derzufolge die Musik auf ihre Wei- se nichts anderes tut als die anderen Kunste auf die ihre. Man vertritt eine Min- dermeinung, wenn man sich fur die Eigenart der Musik und ihre Selbstandigkeit gegenuber den anderen Kunsten ausspricht. Fur einen Asthetiker wie Daniel Albright war es noch vor einigen Jahren nicht vorstellbar und konnte es nicht sein, daB ein Autor wie Samuel Beckett die Szenerie von Warten auf Godot auf Caspar David Friedrichs Zwei Manner in Betrachtung des Mondes zuruckfuhrte und nicht auf Francis Bacon, und daB derselbe Beckett in seinem Stuck fur Fernse- hen Nacht und Traume eine tonale Melodie Schuberts summen laBt und nicht eine Zwolftonreihe. Dabei ist kein Zweifel, daB Beckett, der Baudelaire ebenso un- gehemmt parodierte wie Goethe, sich dergleichen Ubergriffe gegenuber kompo- nierter Musik niemals erlaubt hat. handschins tone musikwissenschaft
Handschin, der ja polemisch sein konnte, hatte vielleicht gesagt, daB man die Sonderstellung der Musik unter den Kdnsten umso mehr betonen wird, je mehr man von der Musik weiB. Handschin hat ganz allgemein vor dem schema- tischen Konstruieren in der Geschichtswissenschaft, und vor dem „Haschen nach der Synthese“ gewarnt.1 Auch Handschins musiktheoretisches Werk, der Toncha- rakter, schlieBt mit einer Absage an den Versuch, „die Verschiedenheit der Erden- dinge wegzudekretieren.“ Handschin, Musikgeschichte im Uberblick, S. 20. Handschin, Der Toncharakter, S. 422.
Die ersten Rezensionen des Buches Der Toncharakter waren nicht gunstig. Sie waren teilweise vereinnahmend-zurechtruckend und teilweise ablehnend. Die- se Rezeption lag auch in dem Buch selbst begrundet, das vom ersten Satz an den Gedanken verschmaht, eine gemeinsame Ausgangsbasis (common ground) mit ei- nem durchschnittlich musiktheoretisch gebildeten Leser herzustellen, so daB der Eindruck des Monologischen und Hermetischen uberwiegt. Schon das Festhalten an Stumpfs Ausdruck „Tonpsychologie“ statt des populareren „Musikpsycholo- gie“ erschien einem Rezensenten wie Walter Wiora unverstandlich.
Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, daB sich neues Interesse auf dieses Buch und die darin unternommene Interpretation der musikalischen Struktu- ren richtet. Aus mathematischer und musiktheoretischer Sicht wird dieses Inter- esse insbesondere durch den Mathematiker Thomas Noll vertreten, der Handschin mit Verfahren der mathematischen Kombinatorik erlautert, und dabei erhellende Blicke auf die Handschinschen Begriffe „Toncharakter“ und „Beicharakter“ wirft. (Durch die Einfuhrung des „Beicharakters“ -- eine Kategorie, die er eher durch Beispiele beleuchtet, als daB er sie definierte -- tragt Handschin dem Umstand Rechnung, daB die Kategorie „Toncharakter“ nur die zentrale Qualitat des Tons in theoretischer Allgemeinheit beschreibt und dabei auBer Acht laBt, daB die Tone in komponierter Musik stets in vielfaltiger Verumstandung durch die beson- dere Harmonik, die Klangfarbe, die Warme des Vortrags auftreten, und zwar so sehr, daB der Toncharakter dahinter geradezu unsichtbar werden kann. Die all- gemeinere Bestimmung verschwindet hinter der besonderen, so wie die Bestim- mung „ausgedehnt“ verschwindet angesichts der konkreten Gestalt einer Statue. Mit „Beicharakter“ benennt Handschin also eine Leerstelle, welche fur Qualita- ten bereitsteht, die zwischen der systematischen und der historischen Seite des Tons vermitteln, ohne daB Handschin selbst dieser Vermittlung besondere Auf- merksamkeit geschenkt hatte.) Neuerdings hat Noll die sogenannten Scale Degree Qualia als philosophische Interpretamente in seine Handschinstudien integriert.1
Aus musikasthetischer Sicht sind es zwei Bucher des schwedischen Komponis- ten und Musikasthetikers Gunnar Bucht, in denen Handschinsche Motive disku- tiert und erlautert werden. Vgl. Thomas Noll, „Dual lattice-path transformations and the dynamics of the ma-jor and minor exo-modes“, Journal of Mathematics and Music 12:3, 2018, S. 212--232, DOI: 10.1080/17459737.2018.1548035, bes. S. 223; ders., „Handschins >Toncharakter<. Pladoyer fur einen neuen Anlauf, ausgehend von neueren musiktheoretischen und kognitionspsycholo- gischen Untersuchungen zu den tonalen >Qualia<“, ZGMTH 13/2, 2017, S. 237--295, https:// doi.org/10.31751/918; Clampitt, David / Thomas Noll, „Modes, the Height-Width Duality, and Handschin's Tone Character“, Music Theory Online 17/1, 2011, http://www.mtosmt.org/issues/ mto.11.17.1/mto.11.17.1.clampitt_and_noll.html Vgl. Gunnar Bucht, Quid est tonus? Jacques Handschin, „Der Toncharakter“ -- och darutover, Hedemora 2009; ders., Aeolian Harp. An Essay concerning the Nature of Tone, Bern 2012. Bucht, 1927 geboren, hat umfassende Erfahrung mit der Musik. In seinem Buch Aeolian Harp (2012) stellt Bucht den musikalischen Ton in den Zusammenhang der Kategorien „Sound“, „Myth“, „Space“, „Music“ und „Meaning". Bucht, Aeolian Harp (wie Anm. 15), S. 7. Durch die umsichtig disponierende und vielseitige Darstellung dieser Aspekte und durch die historische Tiefe der Erorterung erscheint das Buch als ein ideales Lehrbuch musikasthetischer Grundbegriffe. Durch das Geschick und das Einleuchtende der Darstellung erinnert Bucht an Ernst Machs wissenschaftliche Vortrage. Mit Mach teilt Bucht das Ansetzen bei der pragnant formulierten Frage- stellung. So blickt er etwa in seiner Erorterung des „Raums“ der Musik auf Machs Frage zuruck: „Warum bilden drei Tone einen Dreiklang und nicht ein Dreieck?“ Ebd., S. 70 (Ubers.: FMM). Buchts Buch uber die Aeolian Harp lenkt auf neue und uberraschende Weise den Blick des Lesers auf die musikasthetische Schicht im Werk von Jacques Handschin.
Bibliographical references
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