"Íåïèñüìåííèé çíàõîäèòüñÿ ïîçà ïîë³òèêîþ [...]": ˳êâ³äàö³ÿ íåïèñüìåííîñò³ ó íàö³îíàëüíèõ ìåíøèí Çàõîäó

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Ðóáðèêà Èñòîðèÿ è èñòîðè÷åñêèå ëè÷íîñòè
Âèä ñòàòüÿ
ßçûê íåìåöêèé
Äàòà äîáàâëåíèÿ 28.04.2020
Ðàçìåð ôàéëà 87,2 K

Îòïðàâèòü ñâîþ õîðîøóþ ðàáîòó â áàçó çíàíèé ïðîñòî. Èñïîëüçóéòå ôîðìó, ðàñïîëîæåííóþ íèæå

Ñòóäåíòû, àñïèðàíòû, ìîëîäûå ó÷åíûå, èñïîëüçóþùèå áàçó çíàíèé â ñâîåé ó÷åáå è ðàáîòå, áóäóò âàì î÷åíü áëàãîäàðíû.

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Abstrakt

Denninghaus V. “Der Analphabet steht außerhalb der Politik [...]„: Beseitigung des Analphabetentums und die nationalen Minderheiten des Westens.

Unmittelbar nach der Oktoberrevolution wurde neben der militärischen Front (gegen die Feinde der Sowjetmacht) und der ökonomischen Front (gegen Hunger und allgemeinen Zusammenbruch) noch eine dritte Front eröffnet: der Kampf gegen das Analphabetentum. Der Versuch des Zentrums, das Analphabetentum im Land innerhalb kurzer Zeit zu überwinden, war aber nicht von Erfolg gekrönt, obwohl das Netz der Alphabetisierungsstellen stetig ausgeweitet und immer mehr “Liquidatoren,, ausgebildet wurden. Auch die Situation der nationalen Minderheiten des Westens war alles andere als ideal, obgleich die Minderheiten traditionell zu den kulturell am weitesten entwickelten und am stärksten alphabetisierten Bevölkerungsgruppen des Landes gehörten. Die Fakten sprechen für sich: Während sich das Zentrum darauf konzentrierte, das Kultur- und Bildungsniveau der “rückständigen, Nationalitäten anzuheben, nahm die Zahl der Analphabeten unter den “kulturell entwickelten, Nationalitäten des Westens immer mehr zu.

Schlagwörter: UdSSR, Nationalitätenpolitik, Beseitigung des Analphabetentums, nationale Minderheiten, Russlanddeutsche.

Annotation

Denninghaus V. “The illiterate people are out of politics”: Elimination of illiteracy and the Western national minorities.

Immediately after the October Revolution, in addition to the military front (against the enemies of the Bolshevik power) and the economic front (against famine and economic collapse), a third front was opened: the struggle for general literacy. Even though the attempt of the Soviet power to overcome illiteracy in the country within a short period of time was not successful, the network of literacy centers was being steadily expanded and more and more “instructors,, were being trained. The situation among German and other national minorities was far from ideal, even though the minorities had been traditionally among the most culturally advanced and most literate part of the populations in the former Russian empire. The facts show that while the Authorities focused on culture and education levels of «backward» nationalities rising, the number of illiterates among the “culturally-developed, nationalities was steadily increasing. Even at the beginning of the 1930s the sovetization of the national minorities' educational institutions was still far from being implemented into practice. That was due to the fact that the Commissariats of Education from the autonomous Republics did no t coordinate their efforts and ignored cultural differentiations. The number of highly qualified and loyal teachers from different national minorities backgrounds was not enough, so it was almost impossible to combine native language schools system and the spirit of “Soviet pedagogy,.

Keywords: USSR, national policy, elimination of illiteracy, national minorities, Russian Germans.

Der Haupttext

Unmittelbar nach der Oktoberrevolution wurde neben der militärischen Front (gegen die Feinde der Sowjetmacht) und der ökonomischen Front (gegen Hunger und allgemeinen Zusammenbruch) noch eine dritte Front eröffnet: der Kampf gegen das Analphabetentum [1]. Auch wenn der bekannte Ideologe des Proletkults A. Bogdanov davon ausging, dass sich die Beseitigung des Analphabetentums und die Bildung der Volksmassen quasi von selbst vollziehen würden, schloss sich Lenin diesem Standpunkt nicht an. So hieß es z.B. in dem von ihm am 26.12.1919 unterzeichneten Dekret des Rats der Volkskommissare „Über die Beseitigung des Analphabetentums unter der Bevölkerung der RSFSR“: „Um der gesamten Bevölkerung der Republik die Möglichkeiten der bewussten Teilhabe am politischen Leben des Landes zu bieten, hat der Rat der Volkskommissare beschlossen: Die gesamte Bevölkerung der Republik im Alter von 8 bis 50 Jahren, die des Lesens und Schreibens nicht mächtig ist, ist verpflichtet, dieses zu lernen.“ Neben dem „Zuckerbrot“, das darin bestand, dass für jeden, der Lesen und Schreiben lernen wollte, der Arbeitstag bei voller Entlohnung um zwei Stunden verkürzt wurde, vergaß man auch die „Peitsche“ nicht: „Wer sich den durch dieses Dekret gesetzten Verpflichtungen entzieht, wird strafrechtlich zur Verantwortung ge- zogen“[2, S. 185]. Mit anderen Worten: Die Alphabetisierung wurde zu einer Pflicht, deren Nichterfüllung als Verbrechen eingestuft.

Der Aufruf des Zentrums blieb in der Provinz nicht ungehört. So zog die Weigerung, Lesen und Schreiben zu lernen, im Gouvernement Kazan' z. B. nicht nur Geldstrafen, sondern auch den Entzug von Lebensmittelmarken und Verurteilungen zu bis zu drei Monaten Zwangsarbeit nach sich. In Petrograd veranstaltete die Rayonskommission für den Kampf gegen das Analphabetentum Schauprozesse gegen Personen, die sich „böswillig dem Lernen entzogen “, und stuften sie in niedrigere Lebensmittelkategorien ein [3, S. 200].

„Der Analphabet steht außerhalb der Politik“, unterstrich Lenin, „ihm muss erst das Alphabet beigebracht werden. Ohne das kann es keine Politik geben [...]“[4, S. 174]. Nicht weniger deutlich stellte auch der „große“ Ideologe der sowjetischen Pädagogik der 20er Jahre V. Sul'gin den Bezug zwischen Alphabetisierung und Politik dar: Man müsse nicht nur das Analphabetentum an sich, sondern auch das politische Analphabetentum bekämpfen [2, S. 182, 185].

Die vom 1. Kongress für Außerschulische Bildung im Mai 1918 hergestellte Verbindung zwischen außerschulischer Bildungsarbeit [5] und aktueller Politik führte nicht nur dazu, dass der Begriff „außerschulische Bildung“ durch den Begriff „politisch-aufklärerische Arbeit“ ersetzt wurde, sondern zog auch die Gründung eines neuen Organs innerhalb des Volkskommisariats für Bildungswesen nach sich - der Hauptverwaltung für Politische Aufklärung [6, Art. 475]. Als Lenin im November 1920 auf einer Tagung der Leiter der Abteilungen für Politische Aufklärung die Aufgaben dieser Abteilungen definierte, hob er als wesentlichen Unterschied gegenüber der außerschulischen Bildung hervor, dass die Partei eine Führungsrolle gegenüber den Organen für Politische Aufklärung spielen müsse [7, S. 402].

Im November 1920 wurde innerhalb der Sonderkommission zur Beseitigung des Analphabetentums [VCK likvidacii bezgramotnosti] auch eine Sektion für Nationale Minderheiten gegründet, deren Aufgabe u.a. darin bestand, die Einrichtungen zur Bekämpfung des Analphabetentums unter den nationalen Minderheiten mit methodisch „richtigen“ Unterrichtsanweisungen und Material auszustatten. Außerdem war die Sektion unmittelbar für die zentrale Koordination der Herausgabe von Fibeln in den Sprachen der auf dem Gebiet der RSFSR lebenden Völker zuständig [8, S. 12] und sammelte systematisch Informationen über die Bedürfnisse der nationalen Minderheiten im Bereich der Bekämpfung des Analphabetentums. Führungsorgan der Sektion war das Nationale Minderheitenbüro der Hauptverwaltung für Politische Aufklärung, dem Vertreter der Sonderkommission zur Beseitigung des Analphabetentums, der nationalen Minderheiten (von Seiten der Nationalen Minderheitenabteilung des Volkskommissariats für Bildungswesen) sowie eigens hinzugezogene Spezialisten angehörten.

Der Leiter des Büros und sein Stellvertreter wurden von der Nationalen Minderheitenabteilung berufen und durch die Sonderkommission zur Beseitigung des Analphabetentums bestätigt. Alle von dem Büro ausgearbeiteten Pläne und Vorschläge wurden zunächst der Nationalen Minderheitenabteilung zur Begutachtung vorgelegt und erst dann zur abschließenden Begutachtung an die Sonderkommission zur Beseitigung des Analphabetentums weitergeleitet [9, S. 65]. Für Kontrolle und Koordination der unter den nationalen Minderheiten zu leistenden Kultur- und Bildungsarbeit waren die Zentrale Inspektion sowie die regionalen Inspektionen der Volksbildungsabteilungen zuständig, die wiederum eng mit Partei-, Komsomol- und Sowjetorganen zusammenarbeiteten. In der Provinz sollten in Abhängigkeit von der Bevölkerungszahl einer nationalen Minderheit und deren Bedarf an Alphabetisierungsmaßnahmen innerhalb der Abteilungen für Politische Aufklärung spezielle Unterabteilungen und Sektionen gegründet werden. In der Regel wurde diese Arbeit allerdings von den Nationalen Minderheitenräten der Gouvernements oder von Sonderbevollmächtigten erledigt [3, S. 204-205].

Hunger und Zusammenbruch brachten in der Zeit unmittelbar nach dem Ende des Bürgerkriegs (1921/22) praktisch die gesamte Arbeit der Kultur- und Bildungseinrichtungen des Volkskommissariats für Bildungswesen zum Erliegen. In besonderer Masse waren von dieser Entwicklung gerade jene Einrichtungen betroffen, die für die Arbeit unter den nationalen Minderheiten zuständig waren.

Bei einem Auftritt vor Leitern der Volksbildungsabteilungen der Gouvernements gestand der Vorsitzende des Nationalen Minderheitenrats V. Rozen 1922 in aller Offenheit ein, dass das Netz der Einrichtungen für politische Aufklärung fast vollständig zusammengebrochen sei und nach der Krise von Grund auf neu aufgebaut werden müsse [10, l. 25]. Das war alles andere als übertrieben. Die nationalen Kultur- und Bildungseinrichtungen waren die schwächsten und am wenigsten lebensfähigen Organisationen des Volkskommissariats für Bildungswesen, da sie nicht nur mit den allgemeinen Problemen (wie z.B. Kadermangel) zu kämpfen hatten, sondern im Unterschied zu den Schulen auch keine „Wurzeln im Bewusstsein der Massen“ hatten. So konstatierte z.B. die Führung des Nationalen Minderheitenrats des Volkskommissariats für Bildungswesen, dass Vertreter der nationalen Minderheiten des Westens zwar erhebliche Eigeninitiative zeigten, wenn es um den Bau von Schulen ging, im Bereich der politischen Aufklärung aber vollkommener Stillstand zu beobachten sei [11, l. 2ob.-3].

Unter den Rahmenbedingungen der NEP war es nur logisch, dass die meisten der Kultur- und Bildungseinrichtungen sich unverzüglich auflösten, sobald der Sowjetstaat seine freigiebige Unterstützung einstellte [10, l. 25-26]. Hatte es in der Deutschen Wolgakommune 1919 noch 141 Analphabetisierungsstellen (für 7 754 Schüler [12, S. 72]) und 1920 sogar 530 Analphabetisierungsstellen (für 9 279 Schüler) gegeben, blieben von diesen 1923 nur noch drei übrig (mit 59 Schülern) [13, S. 24]. Der XI Parteitag (März / April 1922) verurteilte nicht nur scharf alle Versuche, das Netz der politaufklärerischen Einrichtungen aufzulösen, sondern beschloss auch, dass das Volkskommissariat für Bildungswesen aus seinem Etat unverzüglich zweckgebundene Mittel für die Aktivierung der politischen Aufklärungsarbeit bereitstellen müsse. Außerdem sollten politische Bildungseinrichtungen (Alphabetisierungsstellen, Lesehütten, Bibliotheken, Klubs, Volkshäuser) aus den regionalen Budgets der Gouvernement Exekutivkomitees und Wirtschaftsunternehmen finanziert werden. Per Rundschreiben des ZK der RKP(B) vom 30.05.1922 „Über die Wiedererrichtung der Lesehütten“ wurden alle Alphabetisierungsstellen an Industrieunternehmen, Sovchosen, Einheiten der Roten Armee usw angeschlossen, um ihre Finanzierung zu sichern [14, S. 95].

Praktische Maßnahmen zur Bewahrung des Netzes der politischen Bildungseinrichtungen des Volkskommissariats für Bildungswesen wurden im Dezember 1922 auch auf dem X. Allrussischen Sowjetkongress diskutiert [15, S. 218-219]. Ende Dezember 1923 wurde das Statut der Allrussischen Gesellschaft „Doloj negra- motnost'“ [Nieder mit dem Analphabetentum] bestätigt, deren Hauptaufgabe darin bestehen sollte, die Sonderkommission für die Bekämpfung des Analphabetentums zu unterstützen. In den Gouvernements und Kreisen entstanden eigene Abteilungen der Gesellschaft, denen wiederum Zellen in Unternehmen, Institutionen und Armeeeinheiten unterstellt waren [16, S. 124-125, 170-180].

Um die Schulen und Alphabetisierungskurse mit Unterrichtsliteratur und methodischer Anleitung zu versorgen (sowohl in russischer Sprache als auch in den sowohl in russischer Sprache als auch in den nationalsten Sprachen) wurde eigens der Verlag „Do- loj negramotnost'“ gegründet [17]. Um die politische Aufklärungsarbeit im Zentrum und in der Provinz nicht zu schwächen, verblieb die Führung bei der Hauptverwaltung für Politische Aufklärung des Volkskommissariats für Bildungswesen, aber zugleich wurde die Organisationsstruktur in Richtung einer stärkeren Zusammenarbeit mit Partei-, Komsomol- und Gewerkschaftsorganisationen verändert.

Die „ideologische“ Führung über die politische Aufklärungsarbeit lag also bei der Agitpropabteilung des ZK der RKP(B) (bzw. vor Ort bei den Parteikomitees), während die Kontrolle über ihre Umsetzung und allgemeine Regulierungsarbeit beim Volkskommissariat für Bildungswesen der RSFSR (bzw. vor Ort bei den Volksbildungsabteilungen) verblieben [3, S.188]. Bereits im Juni 1923 verpflichtete das ZK der RKP(B) alle Gouvernements- und Bezirksparteikomitees in dem Rundschreiben „Über die Förderung der Kampagne zur Beseitigung des Analphabetentums“, die von den Volksbildungsabteilungen durchgeführte politische Aufklärungsarbeit in jeglicher Form zu unterstützen und die benötigten Finanzmittel bereitzustellen [18, S. 119-120].

In engem Kontakt mit der Hauptverwaltung für Politische Aufklärung und der Gesellschaft „Doloj negramotnost'“ agierten auch die Komitees des Komsomol, insbesondere nachdem der VI Allrussische Komsomolkongress die Sonderresolution „Über die Liquidierung des Analphabetentums“ verabschiedet hatte. In einigen Regionen des Landes, wie in Sibirien, wurden auch die Pionierorganisationen zentral in den Kampf gegen das Analphabetentum einbezogen [3, S.

192] Auf Grundlage der Direktive des XII Parteitags (April 1923), den kulturellen Aufbau in den nationalen Regionen des Landes voranzutreiben, erarbeitete die IV Tagung des ZK der RKP(B) mit Verantwortlichen Funktionären der nationalen Republiken und Gebiete bereits im Juni 1923 praktische Maßnahmen zur Umsetzung dieser Beschlüsse und wies auf die Notwendigkeit hin, flächendeckend „ein Netz von Gesellschaften zur Verbreitung der Alphabetisierung in den lokalen Sprachen“ aufzubauen [19, S. 135]. Die Initiative zum Wiederaufbau und zur Entwicklung der politischen Aufklärungsarbeit von Mitte 1923 an ging also nicht mehr - wie in der Zeit unmittelbar nach der Revolution - von der Provinz, sondern direkt von Moskau aus.

„Das Zentrum gibt den Anstoß, leistet Überzeugungsarbeit, gibt den örtlichen Stellen anleitenden Rat und fordert Ausgaben für die politische Aufklärung der Massen“, hieß es 1923 in Dokumenten des Nationalen Minderheitenrats des Volkskommissariats für Bildungswesen der RSFSR [10, l. 26]. Dabei rückten die Sowjet-Partei-Schulen - als „Pflanzstätten neuer und qualifizierterer Mitarbeiter [Propagandisten]“ - immer mehr in den Vordergrund. Bereits zu Beginn des Unterrichtsjahres 1922 / 23 wurden auf Anordnung der Agitpropabteilung des ZK der RKP(B) 24 Nationale Abteilungen bei den Sowjet-Partei-Schulen der 1 und 2 Stufe (1 065 Schüler), die zuvor von den Gebieten selbst finanziert worden waren, dem allgemeinen Netz der Hauptverwaltung für Politische Aufklärung angeschlossen. 18 dieser Abteilungen bestanden außerhalb Autonomer Republiken und Gebiete, waren also ausschließlich für nationale Minderheiten zuständig (siehe Tabelle 01). Allein in der ersten Hälfte des Jahres 1923 wurden für den Unterhalt dieser nationalen Abteilungen der Sowjet-Partei-Schulen über 68.000 Rubel angewiesen [10, l. 26].

Tabelle 1

Politische Bildungseinrichtungen der Nationalen Minderheiten in der RSFSR (ohne Autonome Republiken und Gebiete) im Unterrichtsjahr 1922 / 23 [10, l. 30]

Nationalität

Sowjet-Partei-Schulen

Schulen für politische Aufklärung

Schulen für Erwachsene

1. Stufe

2. Stufe

Juden

1

1

4

4

Polen

-

-

2

8

Deutsche

1

-

-

3

Letten

3

-

4

2

Esten

2

-

-

4

Tataren [20]

4

-

10

8

Ukrainer

2

-

5

3

Mordwinen

2

-

-

5

Tschuwaschen

2

-

2

4

Mari

-

-

2

3

Komi-Syrjänen

-

-

1

-

Insgesamt

17

1

30

44

Insgesamt gab es nach Angaben des Nationalen Minderheitenrats des Volkskommissariats für Bildungswesen 1922 / 23 in der RSFSR 4 639 unterschiedliche politische Bildungseinrichtungen für nationale Minderheiten. Hinsichtlich ihrer Zahl nahmen dabei die Alphabetisierungsstellen den ersten Platz ein, gefolgt von Lesehütten, Bibliotheken, Volkshäusern und Klubs (siehe Tabelle 2).

Die Führung des Nationalen Minderheitenrats bekam ihre die Organisationen der politischen Bildungsarbeit betreffenden Direktiven unmittelbar von der Agitpropabteilung beim ZK der RKP(B) und zeigte selbst keine Eigeninitiative. Die Zentralbüros der Nationalen Parteisektionen beim ZK der RKP(B) kontrollierten vollständig die Arbeit der entsprechenden Nationalen Büros bzw. Sektionen des Nationalen Minderheitenrats und beteiligten sich aktiv an der Ausarbeitung und Durchführung aller kulturaufklärerischen Maßnahmen [21, l. 23].

I. Chodorovskij, der amtierende Sekretär des Sibirischen Büros des ZK der RKP(B) und zukünftige Stellvertretende Volkskommissar für Bildungswesen der RSFSR, beschrieb die Rolle der nationalen Parteisektionen für die unter den nationalen Minderheiten der ihnen unterstellten Regionen geleistete Kultur- und Bildungsarbeit folgendermaßen: „Die nationalen kommunistischen Sektionen sind nötig, um die nationalen Sektionen für Politische Aufklärung und die nationalen Abteilungen der Gouvernements zu kontrollieren. Sie [die Parteisektionen] müssen Arbeit auf sich nehmen, für die sie eigentlich gar nicht zuständig sind [...]. Die Kultur- und Bildungsarbeit, für die die staatlichen Bildungsorgane zuständig sind, wird oftaufihren Schultern abgeladen [...]“[22, S. 600]. Dass die nationalen Parteibüros tatsächlich „gezwungen waren“, die entsprechende Arbeit zu leisten, mag man anzweifeln, Tatsache aber ist, dass die nationalen Unterabteilungen der Hauptverwaltung für Politische Aufklärung des Volkskommissariats für Bildungswesen der RSFSR und die nationalen Parteibüros beim ZK der RKP(B) eng zusammenarbeiteten. Eine Kommission des ZK der RKP(B), die im April 1923 die Tätigkeit des Nationalen Minderheitenrats des Volkskommissariats für Bildungswesen überprüfte, wies darauf hin, dass es sich negativ auf die Arbeit der Nationalen Büros des Volkskommissariats für Bildungswesen auswirkte, wenn die entsprechende Nationalität keine zentrale Vertretung beim ZK der RKP(B) hatte [23, l. 4]. Dieses Missverhältnis bestand auch später noch fort, so dass Entscheidungen der nationalen Abteilungen des Nationalen Minderheitenrats oft steckenblieben, wenn diese keine entsprechenden nationalen Büros beim ZK der RKP(B) im Rücken hatten.

Der Nationale Minderheitenrat konzentrierte sich zu dieser Zeit auf eine rein quantitative Steigerung der Zahl der politischen Bildungseinrichtungen, während qualitative Aspekte des Unterrichts eher eine untergeordnete Rolle spielten. 1924 / 25 konnte die Zahl der Lesehütten in den deutschen Siedlungen der RSFSR (ohne Wolgarepublik) innerhalb eines einzigen Jahres von 20 auf 70 gesteigert werden [24, l. 8 ob.]. Interessant ist, dass die Alphabetisierungsstellen im Unterschied zu anderen politischen Bildungseinrichtungen häufig vollständig von den Dorfbewohnern selbst finanziert wurden. So wurden von den 35 Alphabetisierungsstellen, die Ende 1924 im Gouvernement Omsk existierten, nur 12 durch den Staat und 23 von der Bevölkerung finanziert. Die Bauern stellten die Lehrer oft ohne jede Kontrolle durch die deutschen Sektionen ein, was dazu führte, dass es unter den Lehrkräften viele „ehemalige Lehrer, Kirchenbedienstete, Predigeranwärter, Mennoniten und andere politisch und teilweise fachlich ungebildete, fanatisch religiöse Elemente “ gab [25, S. 162]. Es war also ziemlich naiv zu erwarten, dass derartige Alphabetisierungsstellen auch das „politische Analphabetentum“ wirksam bekämpften.

Tabelle 2

Politische Bildungseinrichtungen der Nationalen Minderheiten in der RSFSR ine Autonome Republiken und Gebiete) im Unterrichtsjahr 1922 / 23[10, l. 30]

Nationalität

Alphabetisierungseinrichtungen

Bibliotheken

Clubs

Lese

hütten

Volkshäuser

Schulen

Alphabetisierungsstellen

Stadt

Dorf

Zentrum

Umland

Juden

3

37

45

7

1

13

6

1

Polen

2

12

36

5

1

9

8

-

Deutsche

-

-

6

45

1

4

15

10

Letten

-

-

19

9

1

13

-

5

Esten

4

-

14

20

1

12

23

4

Tataren

11

295

30

160

1

20

190

28

Ukrainer

3

1452

12

120

1

10

630

11

Mordwinen

5

35

-

50

1

-

100

25

Tschuwaschen

2

154

2

53

1

-

31

9

Mari

2

82

-

22

1

-

60

12

Komi-Syrjänen

3

80

1

20

1

-

13

4

Wotjaken

3

34

-

13

1

-

30

3

Weißrussen

3

64

36

150

1

6

50

3

Insgesamt

41

2245

201

674

13

87

1156

115

Der Versuch des Zentrums, das Analphabetentum im Land innerhalb kurzer Zeit zu liquidieren, war nicht von Erfolg gekrönt, obwohl das Netz der Alphabetisierungsstellen stetig ausgeweitet wurde und immer mehr „Liquidatoren“ ausgebildet wurden. Besonders gering waren die Erfolge auf dem Land. Der XIII Parteitag konstatierte im Mai 1924, dass das Kulturniveau in der ländlichen Provinz extrem niedrig sei, und kam zu dem Schluss, dass „jegliche politische Arbeit dort unweigerlich mit der Arbeit zur Hebung der Alphabetisierung einhergehen“ müsse [26, S. 251]. Auch die Situation der nationalen Minderheiten des Westens war alles andere als ideal, obwohl die Minderheiten traditionell zu den kulturell am weitesten entwickelten und am stärksten alphabetisierten Bevölkerungsgruppen des Landes gehörten. So gab es selbst im Autonomen Gebiet der Wolgadeutschen zum Jahreswechsel 1923 / 24 etwa 43 000 Analphabeten im Alter von 18-35 Jahren. Dabei war der Anteil der Analphabeten gerade unter den Aktivisten des neuen Regimes (Parteimitglieder der RKP(B), Komsomolzen, Vertreter der Frauenräte, Rotarmisten, Mitarbeiter der Dorfsowjets usw.) besonders hoch - also gerade unter jenen, die sich eigentlich aktiv am Kampf gegen das Analphabetentum beteiligen sollten. Im Oktober 1924 wurde auf einer Tagung von politischen Aufklärungsarbeitern des Komsomol in der Wolgarepublik diskutiert, welchen Beitrag der Komsomol zur Bekämpfung des Analphabetentums leisten könne. Stichtag für die endgültige Beseitigung des Analphabetentums sollte das Jahr 1927 sein - das Jahr der 10 Jahrestage der Revolution. Bei gleicher Gelegenheit wurde erklärt, dass die Alphabetisierung eng mit der politischen Aufklärungsarbeit des Komsomol verwoben sein sollte [13, S. 28-29].

Berücksichtigt werden muss, dass sich unter den Bedingungen der NEP auch ein gewisser Spielraum für die Entwicklung der wohlhabenden Bauernschaft im Dorf auftat und nicht nur deren ökonomischer, sondern auch deren politischer Einfluss auf die Dorfnachbarn zunahm. Nach den Erschütterungen des Bürgerkriegs entstanden in den Dörfern der nationalen Minderheiten des Westens (insbesondere unter Deutschen, Polen und Esten) erneut kulturpädagogische Zirkel, die von Vertretern der Kirche, des Kulakentums oder der Dorfintelligenz geleitet wurden. Diese waren zwar weitgehend unpolitisch und konzentrierten sich ganz auf Musik, Theater oder ähnliche Aktivitäten, stellten aber dennoch eine ernsthafte Alternative zu den politisierten Einrichtungen der Hauptverwaltung für Politische Aufklärung dar, die den Bauern marxistische Dogmen und Parteibeschlüsse einzutrichtern versuchten und diese durch ihre ungeschliffene und aufdringliche Propaganda eher abschreckten. Da es nicht immer möglich war, „alternative“ Kultureinrichtungen, die sich auf die Autorität der lokalen „Eliten“ stützen konnten, auf dem Verwaltungsweg zu schließen, geriet die politische Aufklärungsarbeit in der offenen Konkurrenz mit den unabhängigen kulturellen Zirkeln und Vereinen vielfach ins Hintertreffen. So erklärte der Delegierte Izak auf einer Tagung der Verantwortlichen lettischen Funktionäre des Gouvernements Smolensk im März 1924: „Die Kultur- und Bildungsarbeit vor Ort ist schwach, wir sind mindestens fünf Jahre [hinter den Russen] zurück“. In die gleiche Richtung stieß auch der Delegierte Krauc aus Vjaz'ma, der ebenfalls auf die geringe Effektivität der unter den Letten geleisteten politischen Aufklärungsarbeit in diesem Gouvernement hinwies: „Unsere Parteigenossen [...] schenken der Arbeit unter der wenig bewussten und wenig entwickelten Masse nur sehr wenig Aufmerksamkeit. Das muss überwunden werden; dem muss ein Ende bereitet werden. Wir dürfen nicht eine Minute vergessen, dass wir, wenn es im Westen brennt, gezwungen sein werden, uns an diese ungebildeten Arbeiter und Tagelöhner zu wenden, und dann werden wir es bitterlich bereuen, wenn sie politisch nicht entwickelt sind [...]“ [27, Nr. 50].

Angesichts des allgemeinen Mangels an nationalen Kadern und Unterrichtsliteratur wurden in den politischen Bildungseinrichtungen oft nicht nur russischsprachige Literatur, sondern auch russischsprachige Kader eingesetzt. Dies hatte geradezu zwangsläufig zur Folge, dass solche Alphabetisierungsstellen in den nationalen Dörfern ein Fremdkörper blieben [28, S. 104]. Auch die Suche nach passenden Räumen für derartige „ideologische“ Einrichtungen stieß oft auf erhebliche Schwierigkeiten. So schrieb ein Lehrer aus dem Gouvernement Orenburg 1926 über die Eröffnung einer Lesehütte in einem mennonitischen Dorf: „[...] Nur unter großen

Schwierigkeiten gelang es, zwei winzig kleine Zimmer zu finden, für eine Miete von 10 Rubel im Monat. [...] Niemand wollte etwas mit der bolschewistischen' Literatur zu tun haben. Es wurde ein allgemeiner stiller Boykott ausgerufen [...]“ [29, S. 100].

Nach Aussagen von Mitarbeitern der Deutschen Abteilung des Nationalen Minderheitenrats des Volkskommissariats für Bildungswesen der RSFSR, die 1925 / 26 die Arbeit der deutschen Alphabetisierungsstellen und Lesehütten in der Region Nordkaukasus überprüften, waren diese zu schlecht organisiert, um bei den konservativen Deutschen irgendein Interesse zu wecken. Die „schlechte Organisation“ drückte sich darin aus, dass zum einen die Plakate, Zeitungen und Bücher in den deutschen Alphabetisierungsstellen allesamt russischsprachig waren und zum anderen das Defizit an deutschen Aktivisten im Dorf es fast unmöglich machte, die Arbeit normal zu organisieren. Nur in gemischten Siedlungen, in denen neben Deutschen auch Russen lebten, ließen sich überhaupt Leiter der deutschen Lesehütten finden, die dann allerdings Russen waren. „Man muss sich nicht wundern“, hieß es im Bericht einer Kommission der Deutschen Abteilung des Nationalen Minderheitenrats, „dass die Lesehütte immer fest verschlossen ist“ [30, l. 8-8 ob.].

Das stumpfe Auswendiglernen russischer Texte ohne jede weitere Entwicklung der Lesetechniken hatte einen überaus geringen Effekt, und die erworbenen Kenntnisse verflogen schnell wieder [31, l. 43]. Abgesehen vom Mangel an nationalen Kadern und Literatur wurde die politische Aufklärungsarbeit unter den nationalen Minderheiten im gesamten Verlauf der 20er Jahre auch durch deren erhebliche Streuung beeinträchtigt (mit Ausnahme der nationalen Rayone), da dies einer Mehrheit der Bevölkerung erlaubte, sich den politischen Bildungseinrichtungen zu entziehen, deren Einflussbereich in der Regel nicht über größere Ortschaften hinausreichte. So erfuhr ein Großteil der Angehörigen nationaler Minderheiten seine politische „Grundaufklärung“ auch weiterhin, wie schon vor der Revolution, vor allem in den Kirchen unterschiedlicher Konfession und den Bethäusern aller möglichen Sekten.

Nach den Ergebnissen der Volkszählung von 1926 hatten nach der Revolution gerade einmal 5 Millionen Menschen Unterricht in den Alphabetisierungsstellen erhalten. Das hieß, dass sich das Tempo der Alphabetisierung nach der Revolution trotz aller Propaganda und Strafandrohung kaum gesteigert hatte [2, S. 185]. Auch die soziale Differenzierung der Lese- und Schreibfähigkeit unter den nationalen

Minderheiten hatte sich kaum verändert - weiterhin waren es vor allem die wohlhabenderen Schichten, die alphabetisiert waren [32, S. 450]. Auch wenn die Zahl der nationalen Alphabetisierungsstellen stetig stieg [33], war der Effekt minimal, weil das Analphabetentum dort in der Regel in russischer Sprache bekämpft wurde. „Das bringt niemandem etwas“, hieß es 1928 auf der II. Allrussischen Tagung der Bevollmächtigten für Nationale Minderheitenarbeit, „das Analphabetentum muss in der Muttersprache bekämpft werden [...] wenn wir die Sowjetisierung undpolitische Entwicklung der Bevölkerung anstreben“ [32, S. 257-258]. Ungeachtet dessen, dass für Propagandisten aus den Reihen der nationalen Minderheiten regelmäßig Schulungsmaßnahmen organisiert wurden, handelte es sich bei diesen nach Einschätzung der Tagungsteilnehmer größtenteils um „unfertiges, schlecht ausgebildetes und zufälliges Material“. Abgesehen davon gingen von allen Absolventen der Sowjet-Partei-Schulen im allerbesten Fall nur 5% in den Bereich der politischen Aufklärungsarbeit unter den nationalen Minderheiten; in der Regel handelte es sich dabei um die schwächsten Kräfte [32, S. 257-258]. Die Zahl der Lesehütten stieg zwar im gesamten Verlauf der 20er Jahre stetig an. Es gab aber weder qualifiziertes Personal noch Literatur und Lehrbücher in den entsprechenden Nationalitätensprachen. Nicht besser stand es um die Verbreitung moderner Propagandamittel wie Kino oder Radio unter den nationalen Minderheiten, da Filme auf Russisch gezeigt wurden und das Radio fast ausschließlich auf Russisch sendete [34, S. 160]. Zugleich konnten die in grenznahen Regionen lebenden Angehörigen nationaler Minderheiten in ihrer Muttersprache „antisowjetische“ Sender aus den Nachbarstaaten hören. So wurde z.B. im November 1929 auf einer Tagung lettischer Funktionäre aus dem Gebiet West konstatiert: „Im Gebiet West gibt es in den lettischen Kolonien ein umfassendes Netz von Radiopunkten. Riga ist gut zu empfangen, das bourgeoises Geplapper, Gottesdienste usw. sendet. Der lettische Kolonist hat sehr großes Interesse, Radio in seiner Muttersprache zu hören. Der Inhalt dessen, was er hört, stößt [von unserer Seite] auf keinerlei Ablehnung [...]“[35, Nr.124].

1926 waren in der UdSSR 51,1% der Gesamtbevölkerung und 56,6% der Altersgruppe bis 50 Jahre alphabetisiert [36, S. 7, 92]. Auf dem VIII. Komsomolkongress wurde beschlossen, vom 1. August 1928 an im gesamten Land einen Monat lang besonders intensiv gegen das Analphabetentum vorzugehen [37, S. 193]. Schon bald wurde dieser Monat zu einem „unionsweiten Kulturfeldzug“, den auch die Gesellschaft „Doloj negramotnost'“ und das Volkskommissariat für Bildungswesen der RSFSR aktiv unterstützten. Die unmittelbare Führung des Feldzuges sollte bei den Parteiorganisationen liegen; die Rayonssowjets und Kreisexekutivkomitees waren angewiesen, den Komsomolzen vor Ort jede erdenkliche Unterstützung zukommen zu lassen. Im September 1929 hatten bereits 70% der Analphabeten durch Komsomol- und Parteikräfte Unterricht erhalten [38, S. 33]. Zugleich war der Schulbesuch unter den Kindern der nationalen Minderheiten aber weiterhin unzureichend, so dass immer wieder neue Analphabeten nachwuchsen. Außerdem litt die Bekämpfung des Analphabetentums unter Erwachsenen unter den gleichen Problemen wie die Schule: Es fehlte an Lehrern und Lehrbüchern.

Deutlich traten diese Probleme auch in der „Musterrepublik“ der Wolgadeutschen zutage, wo zwar die Zahl der Alphabetisierungsstellen und Schulen für Halbalphabetisierte stetig zunahm [39, S. 74], die Analphabetenrate unter der Titularnation aber dennoch deutlich über dem Vorkriegswert lag [40, l. 129 - 129 ob.]. Wie das Büro des Gebietsparteikomitees der Wolgarepublik 1928 auf einer Sitzung zur Frage der Bekämpfung des Analphabetentums hervorhob, krankte der Kampf gegen das Analphabetentum vor allem daran, dass zu wenige Kinder im Schulalter auch tatsächlich eine Schule besuchten, so dass sich die Reihen der Analphabeten aus der nachfolgenden Generation immer neu füllten [39, S. 74, 77].

Wie langsam der Kampf gegen das Analphabetentum auf dem Gebiet der Wolgarepublik vorankam, wird deutlich, wenn man die Ergebnisse der Volkszählungen von 1897 und 1926 miteinander vergleicht. Innerhalb von 30 Jahren hatten die Deutschen den Alphabetisierungsgrad gerade einmal um 3,7% steigern können, während der entsprechende Wert bei den Russen bei 32,5% lag [41, l. 84]. 1927 lebten in der Wolgarepublik 52 200 Analphabeten [12, S. 197] und 42 500 schwach Alphabetisierte, zusammen also rund 100 000 Menschen, die nicht oder nur sehr schlecht lesen und schreiben konnten. Von diesen bekamen 1927 / 28 nur 3 206 und 1928 / 29 immerhin schon 8 820 Unterricht. Dies bedeutete zwar eine Steigerung um 275%, befriedigte den Bedarf aber dennoch nur zu 8,9% [42, l. 226 ob.]. Die Fortschritte der Liquidierung des Analphabetentums und folglich auch des „politischen Analphabetentums“ blieben also weit hinter dem Plansoll der nationalen „Musterrepublik“ zurück.

Die Delegierten der XVI. Parteikonferenz der Wolgarepublik wiesen 1928 besorgt auf die „gewaltigen“ Finanzmittel hin, die die Bevölkerung für die Kirche zu geben bereit waren, was wiederum zur Folge hatte, dass Orthodoxe, Katholiken und Lutheraner über die nötigen Mittel verfügten, „Hunderte von bezahlten Mitarbeitern“ zu beschäftigen. Jede einzelne der genannten Konfessionen verfüge über finanzielle Möglichkeiten, die deutlich über den Budgets von Partei und Gewerkschaften zusammen lagen [39, S. 82]. Da das Image der sowjetischen deutschen Republik im Ausland erheblich Schaden zu nehmen drohte, beschloss das Gebietsparteikomitee, bis Ende 1929 die gesamte analphabetische Bevölkerung der Wolgarepublik durch Unterricht zu erfassen. Allerdings konnte diese Zielsetzung nicht einmal zu einem Drittel umgesetzt werden, da es an Fibeln fehlte, die Kampagne schlecht organisiert war und die Partei- und Komsomolkräfte zu sehr mit der Kollektivierung und den Getreidebeschaffungsmaßnahmen beschäftigt waren. Auch die Direktiven des Zentrums das Analphabetentum in der Altersgruppe von 15-50 Jahren bis zum 1. Mai 1931 zu liquidieren, waren nicht zu erfüllen [43, l. 59]. Es muss allerdings anerkannt werden, dass die Gesamtzahl der Analphabeten in der Wolgarepublik von Beginn der 30er Jahre an stetig zurückging. Anfang Januar 1930 gab es in der Wolgarepublik bereits 3 125 Alphabetisierungsstellen, in denen 62 495 Menschen Unterricht erhielten [42, l. 227]. Einen erheblichen Beitrag zur Senkung der Analphabetenrate leistete auch die Einführung der allgemeinen Schulpflicht, da kaum noch Analphabeten nachwuchsen. Im Sommer 1931 gab es in der Wolgarepublik noch 31 300 Analphabeten (15 000 Deutsche und 11 200 Russen) [39, S. 197].

Von der in der Wolgarepublik lebenden deutschen Bevölkerung der Region Untere Wolga waren Ende der 20er Jahre noch fast 50% Analphabeten. Insgesamt konnten in dieser Bevölkerungsgruppe 18 400 Personen nicht oder nur sehr schlecht lesen und schreiben. Obwohl die Zahl der Alphabetisierungsstellen stetig stieg [44], war der Anteil der Analphabeten, die dort unterrichtet wurden, 1928/29 mit 9,3% ähnlich niedrig wie in der Wolgarepublik [42, l. 226 ob.]. In der gesamten UdSSR erhielten nur insgesamt 25 000 deutsche Analphabeten Unterricht, obwohl die Alphabetisierungsstellen allein nach den Plänen der Deutschen Abteilung des Nationalen Minderheitenrats des Volkskommissariats für Bildungswesen der RSFSR über 125 000 Deutsche unterrichten sollten [40, l. 129-129 ob.].

Nicht zu übersehen ist auch, dass in der Provinz trotz aller Kritik aus dem Zentrum auch weiterhin eineungleichmäßigeAnpassungdesBildungs-und Kulturniveaus unter den einzelnen Nationalitäten betrieben wurde. So wurden im Bezirk Atkarsk nur 40% der deutschen Analphabeten, aber 48% der russischen und ukrainischen Analphabeten durch die Alphabetisierungsstellen erfasst. Ähnlich waren auch die Finanzmittel für die kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung dieses Bezirks aufgeteilt: Während auf einen Russen 3,70 Rubel aufgewandt wurden, waren es auf einen Deutschen nur 3,10 Rubel [45, l. 42].

Da die Liquidierung des Analphabetentums in der Provinz nur sehr langsam vorankam, gab die Allrussische Tagung des Nationalitätenkomitees im Januar 1930 neue Direktiven für den Ausbau der Alphabetisierungsmaßnahmen aus. Sollte die Entwicklung zum Sozialismus beschleunigt werden, musste zunächst der Boden bereitet werden, der sich aber insbesondere in den nationalen Regionen des Landes als überaus unwegsam erwies. Die Fragen des kulturellen Aufbaus unter den „Nationalen“ waren, wie der neue Kopf des Volkskommissariats für Bildungswesen der RSFSR Andrej Bubnov 1932 bemerkte, ausgesprochen eng mit der Verschärfung des Klassenkampfes verbunden, „der schon an und für sich unter erheblich komplizierteren und schwierigeren Bedingungen verläuft, als in rein russischen Gebieten [...]“ [46, S. 54]. Eine solche Erklärung war alles andere als verwunderlich, da die vom Zentrum geplante Gehirnwäsche unter den nationalen Minderheiten nicht funktionierte.

Angesichts eines mit jedem Jahr steigenden Bedarfs an entsprechenden Kräften richtete das Zentrum seine Aufmerksamkeit Ende der 20er Jahre vermehrt darauf, gezielt Kader für die politische Aufklärungsarbeit unter den nationalen Minderheiten auszubilden. Nach Angaben von Gosplan der RSFSR lernten im Unterrichtsjahr 1930 / 31 6 557 Angehörige nationaler Minderheiten an den Sowjet-ParteiSchulen, darunter 12,6% Turko-Tataren, 7,3% Angehörige westlicher Minderheiten und 8,8% finno-ugrischer Nationalitäten [47, S. 147]. An den nationalen Pädagogischen Fachoberschulen wurden vermehrt spezielle Abteilungen für politische Aufklärung gegründet. Hatte es im Studienjahr 1929 / 30 (außerhalb der Autonomen Republiken und Gebiete) nur eine einzige solche Abteilung für Angehörige nationaler Minderheiten gegeben, waren es 1930 / 31 bereits elf und 1931 / 32 schon zwanzig [48]. Für die Ausbildung nationaler Partei- und Sowjetkader mit Universitätsabschluss gab es ein Netz nationaler Kommunistischer Hochschulen sowie nationale Abteilungen bei den allgemeinen Kommunistischen Hochschulen [49]. Im Studienjahr 1931 / 32 studierten an 21 Kommunistischen Hochschulen, für die entsprechende Daten vorliegen [50], 3 951 Studenten, deren Muttersprache nicht Russisch war, darunter 12,3% Angehörige westlicher Nationalitäten, 4,6% Angehörige finno-ugrischer Nationalitäten und 11,5% Angehörige turko- tatarischer Nationalitäten [47, S. 151]. Zugleich war die Liquidierung des Analphabetentums „auf Grundlage des Studiums der kommunistischen Ideologie“ in den Siedlungsgebieten der nationalen Minderheiten des Westens allerdings auch Anfang der 30er Jahre noch ähnlich weit von den angestrebten Zielen entfernt wie zehn Jahre zuvor.

Der Erste Kongress der Inspektoren für die Kulturarbeit unter den nationalen Minderheiten der Volksbildungsabteilung des Gebiets West stellte im Januar 1931 fest, dass die genaue Zahl der nationalen Minderheiten angehörenden Bevölkerung auch im 14. Jahr der Sowjetmacht weder auf Ebene des Gebiets noch auf Ebene der Rayone statistisch erfasst sei, was wiederum zur Folge habe, dass die Bedeutung der Kulturarbeit unter den nationalen Minderheiten unterschätzt werde. In der von dem Kongress verabschiedeten Resolution hieß es: „Die Organe der Volksbildung haben das Bewusstsein der gesellschaftlichen Kräfte für Fragen der kulturellen Betreuung der nationalen Minderheiten nicht ausreichend geschärft. Besonders schlecht steht es um die muttersprachliche politisch-aufklärerische Massenarbeit. Die für die nationalen Minderheiten zuständigen Klubs, Lesehütten und Roten Ecken verfügen oft über keinerlei Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Losungen und Plakate in den Nationalitätensprachen [...]“[51, Nr. 141].

Ähnliches lässt sich mit Blick auf Siedlungen nationaler Minderheiten des Westens in anderen Teilen der RSFSR bzw. der UdSSR sagen. So erklärte z.B. das Polnische Büro beim ZK der VKP(B) im Juli 1928 zur politischen Aufklärungsarbeit in den polnischen Siedlungen der UdSSR: „In vielen von Polen bewohnten Orten ist die Kultur- und Bildungsarbeit entweder sehr schwach oder gar nicht vorhanden [...]. [Im Bezirk Korosten'] wird keinerlei Kultur- und Bildungsarbeit geleistet und die bestehenden Lesehütten sind nicht in Betrieb [...], im Bezirk Belaja Cerkov'steht der Klub leer und in ihm [...] finden keinerlei Aktivitäten statt; [...] die bei den Klubs, Lesehütten und Bauernheimen bestehenden polnischen Ecken in von Polen bewohnten Ortschaften leisten keinerlei Arbeit [...]. Im Bezirk Tiraspol' sammelt sich die ganze polnische Bevölkerung und insbesondere die Jugend im Umfeld der Kirche, weil die

Kultur- und Bildungsarbeit zu schwach ist“ [52, S. 212-214]. Diese Einschätzung galt nicht nur für die Peripherie, sondern auch für polnische Siedlungsgebiete in Zentralrussland. Nach Angaben des Polnischen Büros beim ZK der VKP(B) funktioniere z.B. der polnische Klub in Leningrad „im Großen und Ganzen [...] recht träge“. Er bringe die polnischen Massen nicht von den Kirchen los, sowjetisierte sie nicht und leiste keine kulturaufklärerische sowjetische Massenarbeit unter ihnen. In der Bibliothek gebe es „konterrevolutionäre und nationalchauvinistische Literatur“. Es wurde ferner festgestellt, dass die Mehrheit der „polnischen Kolonie“ (2 460 Personen) in Aserbaidschan „antisowjetisch“ und „patriotisch in Richtung Polen geneigt“ ist, was nicht zuletzt auf die Untätigkeit und Ineffektivität der politischen Bildungseinrichtungen zurückzuführen sei. Dasselbe lasse sich auch über die in Sibirien und im Fernen Osten lebenden Polen sagen [52, S. 219-222].

Nicht besser standen die Dinge unter den Deutschen. So kamen die Organe der OGPU, als sie im Februar 1930 die politische Lage in den deutschen Siedlungen Kasachstans analysierten, zu dem für Moskau wenig erfreulichen Schluss: „Neben einem großen religiösen und ökonomischen Einfluss von Seiten des Kulakentums und der Geistlichkeit auf breite Massen der deutschen Bevölkerung lässt sich auch ein völliger Stillstand der vor Ort geleisteten Partei-, Sowjet-, Gesellschaftsund politaufklärerischen Arbeit feststellen [...]. Die Schulen sowie die Kultur- und Bildungseinrichtungen sind absolut unzureichend und verfügen nicht über die nötigen Bücher und Lehrmittel. Was an Literatur vorhanden ist, ist alt, enthält unsowjetische Ideologie und hätte schon längst ausgemerzt werden müssen [...]. Angesichts fehlender Partei- und gesellschaftlicher Massenarbeit ist vorherbestimmt, welche Richtung das politische Leben des Dorfes einschlägt [...]“[53, S. 50-51].

Mit anderen Worten: In der Kremlküche war schon alles bereit, um aus der heterogenen Masse der Bevölkerung der UdSSR einen einheitlichen „sozialistischen Kuchen“ zu backen, aber der „Teig“ war noch nicht gegangen und zeigte auch keine sonderliche Eile, dieses zu tun, was 1929 / 30 insbesondere im Massenexodus der Deutschen aus dem „sowjetischen Paradies“ in aller Deutlichkeit Ausdruck fand [25, S. 278300]. In einem streng geheimen Bericht über die Umsetzung des Beschlusses des ZK der VKP(B) „Über die Arbeit unter der deutschen Bevölkerung und Maßnahmen zur Bekämpfung der Emigrationsbewegung unter Deutschen, Polen, Griechen, Tschechen“, den er im April 1930 in einem einzigen Exemplar an das Sekretariat des ZK der VKP(B) sandte, konstatierte Ignaz Gebhardt: „Im Bereich der kulturellen Betreuung der werktätigen Deutschen, Polen usw. ist es bis zum heutigen Tag nicht zu einer Wende gekommen. Trotz der Beschlüsse des ZK der Partei und des Zentralexekutivkomitees der UdSSR erachten es die Volkskommissariate für Bildungswesen der RSFSR und der Ukrainischen SSR nichtfür notwendig, zusätzliche Maßnahmen auszuarbeiten. In keiner einzigen Region, in keinem einzigen Bezirk, in dem die nationalen Minderheiten nicht in eigenen Rayonseinheiten zusammengefasst sind, gibt es eigene Kontrollziffern für die Betreuung der nationalen Minderheiten. Wo solche doch ausgewiesen sind, ist auf den ersten Blick eine unhaltbare, unaufmerksame Haltung gegenüber den kulturellen Bedürfnissen der nationalen Minderheiten des Westens zu erkennen [...]“ [45, l. 42].

Insgesamt war die Sowjetisierung der Bildungseinrichtungen der nationalen Minderheiten des Westens bis Anfang der 1930er Jahre noch weit davon entfernt, auch wirklich in die Tat umgesetzt zu werden. Dies war nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die einzelnen Volkskommissariate für Bildungswesen der Unions- und Autonomen Republiken ihre Anstrengungen nicht ausreichend aufeinander abgestimmt und die Existenz der Streuminoritäten vielfach schlicht ignoriert hatten. Wegen des Mangels an hochqualifizierten und loyalen Kadern aus den Reihen der nationalen Minderheiten war es auch weiterhin schwierig, die nationalen Schulen und anderen Bildungsanstalten auf muttersprachlichen Unterricht und den Geist der „sowjetischen Pädagogik “einzustellen.

Bibliografie

1. Es darf nicht vergessen werden, dass die Zarenregierung bereits 1908 das Gesetz über die Einführung der allgemeinen Schulpflicht verabschiedet hatte.

2. Zit. nach: Geller, Michail - Aleksandr Nekric: Utopi- ja u vlasti. Istorija Sovetskogo Sojuza s 1917 goda do nasich dnej. Band 1. M. 1995. Mitte 1919 gab es nach Angaben des Volkskommissariats für Bildungswesen in der RSFSR über 20.000 Lesehütten und über 1.500 „Volkshäuser“.

3. Stamm, S. I.: Upravlenie narodnym obrazovaniem v SSSR (1917-1936 gg.). Istoriko-pravovoe issledovanie. M. 1985.

4. Lenin, V. I.: Novaja ekonomiceskaja politika i zadaci politprosveta. In: Polnoe sobranie socinenij. M. 1963-1965, Bd. 44, 155-175.

5. Bereits im Dezember 1927 wurden innerhalb des Volkskommissariats für Bildungswesen die von Lenins Ehefrau N. Krupskaja geleitete Abteilung für Außerschulische Bildungsarbeit sowie die von L. Menzinskaja geleitete Abteilung für Allgemeine Alphabetisierung gegründet. Im Januar 1918 wurden die beiden Abteilungen zu einer einzigen Abteilung für Außerschulische Bildung zusammengelegt, die entsprechende Unterabteilungen bei den Volksbildungsabteilungen der Gouvernements und Kreise unterhielt. Eine der Aufgaben dieser Abteilung war auch der Kampf gegen das Analphabetentum.

6. Sobranie uzakonenij i razporjazenij raboce- krest'janskogo pravitel'stva RSFSR, (1920), Nr. 91, Art. 475.

7. Lenin, V. I.: Rec' na Vserossijskom sovescanii po- litprosvetov gubernskich i uezdnych ONO, 3.11.1920. In: Polnoe sobranie socinenij. M. 1963-1965, Bd. 41, 398-408.

8. Allein im ersten Jahr ihres Bestehens organisierte die Sektion die Herausgabe von 39 Fibeln in den Nationalitätensprachen. Siehe ausführlicher: Andreeva, M.S.: Politi- ko-prosvetitel'naja rabota v nacale vosstanovitel'nogo pe- rioda (1921-1923 gg.). M. 1955.

9. Siehe: Polozenie o sekcii nacmen'sinstv pri VCK (lik- vidacii bezgramotnosti), 9.09.1920. In: Kommunisticeskoe prosvescenie (1920), Nr. 1, 65-66.

10. Vor 1921 hatte es in der UdSSR etwa 2.500 kulturaufklärerische Einrichtungen für nationale Minderheiten gegeben. Siehe: Volksbildung der nationalen Minderheiten im Schuljahr 1922/23. GARF, f. A-296, op. 1, d. 60, l. 25.

11. Siehe z.B.: Arbeitsplan der Deutschen Abteilung des Nationalen Minderheitenrats des Volkskommissariats für Bildungswesen für das Schuljahr 1925/26. GARF, f. A-296, op. 1, d. 111, l. 2ob.-3.


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